Restauration 911 2.0 S, Targa, Bj. '66, "Softwindow"




Restauration "Softwindow"


Hier geht es um einen seltenen 911 2.0 S, Targa "Softwindow" aus dem Modelljahr 1967. Jürgen hat sich dieser Restaurierung mit Herz und Blut verschrieben, obwohl er glaubt, daß dieses Drama sich noch mindestens 5 Jahre hinziehen wird. Entweder es gibt bis zur Fertigstellung kein Benzin mehr oder diese Grotte zieht ihm seinen letzten Groschen aus der Tasche - vom Haussegen ganz zu schweigen. Aber was soll's, sagte sich Jürgen - packen wir's an ...



Folgende Angaben zum Fahrzeug wurden von der Fa. Porsche bestätigt:
Hersteller: Porsche AG Stuttgart Zuffenhausen
Typ: 911 S Softwindow
Leistung/Hubraum: 160 PS / 2000 ccm
Vorbesitzer: Unbekannt, vermutlich sehr viele, Fahrzeug kommt aus Österreich
Auslieferung: Bauj. November 1966, Auslieferung und Erstzulassung Februar 1967, Max Moritz, Pforzheim
Lackierung: Blutorange (ich denke die schönste Farbe für alte 11er)
Ausstattung: Kunstleder schwarz, Nebelscheinwerfer
Besonderheiten: Matching Numbers, kurzer Radstand
Arbeiten: Fahrzeug wird kompromisslos neu aufgebaut, komplette Überholug der Karosse, neue Innenausstattung in Echtleder schwarz, Karosserieteile für ca. 25000.-- Euro verbaut, verstärktes Achsrohr aus Edelstahl, Motor komplett neu aufgebaut, Karosse z.T. Spritzverzinkt in den Problemzonen, alle mechanischen Teile im Fahrzeug wurden von mir selbst revidiert, Karosse teilweise in Eigenleistung erneuert, Finishing bei Karosseriebaumeister, Lackierung in blutorange völlig neu. Zusammenbau z. Zt. in vollem Gange (wenn wir nicht gerade in Sachen Motorsport unterwegs sind).


Auf alle Fälle war es das Fahrzeug Wert, wieder ins Leben zurückgeholt zu werden.


Irgendwann, in den Frühlingstagen eines Mai, das Jahr war glaube ich 2003, saßen ein ratloser Automechaniker, ein Porschefahrer, ein Prolet und Andersdenker (ebenfalls Porschefahrer neueren Datums) und ich (noch nicht Porschefahrer wegen einer Restauration 911S/BJ66 im letzten Stadium) zusammen und diskutierten hitzig was einen alten 911er so ausmacht. Der eine sprach so, der andere so und im Endeffekt kam nichts raus - wie üblich bei diesen Benzingesprächen. Der eine hatte sich gerade für teures Geld einen 911 T mit S Motor gekauft. Die Meinung war einhellig von beiden, daß es egal sei, was für ein Herz in einem alten Porsche schlägt, wichtig war nur - "viel PS, damit er auch geht". Die beiden Seiten sprachen noch von richtig viel Geld für diese alte Möhre, denn dieses Ding mußte auch einer Restaurierung unterzogen werden. Aber zu diesem Thema kommen wir noch später. Nachdem ich zu diesem Gespräch nach der 3ten Tasse Kaffee auch was sagen durfte, meinte ich, daß nur eine echte Restaurierung mit echten Papieren, Motor- und Getriebenummern usw. was Richtiges sei. Daraufhin wurde mir mitgeteilt, daß ganz in der Nähe ein 911S Softwindow stehen würde. Aber das sei ja nur ein Wrack und über die Kaufsumme hüllen wir gerne das Tuch des Schweigens. Ich hörte die gesagten Worte, lies den Kaffee stehen um sofort an den Ort des Geschehens zu eilen. Und was fand ich dort ? - seht selbst:


911S


Ein echter 911 S, Softwindow, MJ '67, komplett, läuft, hat Sitze und Motor, woooooowwwwww!

Also wurde nun verhandelt.

Aber das Auto gehörte dem Vater und der wollte ihn eigentlich selbst restaurieren. "So etwas findet man nicht an jeder Hausecke" war die erste Meinung des Seniors. Ich versuchte mein charmantes Lächeln aufzusetzen und zückte den Geldbeutel. Dies lies den Senior jedoch ziemlich kalt - kann man verstehen wenn man über 10.000(!) Teile vom 356 Porsche stolpert u.a. auch über 2 Königswellenmotoren. So lief ich dem Senior ca. 1 ½ Stunden in seiner Werkstatt hinterher, bis er sagte, "du gefällst mir, du kannst ihn haben".


So, jetzt war das Schlamassel perfekt - der eine Porsche nicht fertig und den Anderen gekauft. Haussegen hing schief, aber Ihr kennt ja den Infekt Namens Porsche.

Erst mal Zuhause, wird sich der Haussegen schon wieder einrichten. Die Mama in den alten SL gesetzt, dann wird Sie mir schon meine Ruhe lassen - so war die Hoffnung.

Natürlich sollte auch dieser Porsche eine komplette Restaurierung erfahren, wie mein Erster. Das Ding war fahrbereit, wurde auf einen Hänger geladen und zu mir nach hause geholt.

Nun stand die Restaurierung an. Als ich im Familienrat auf die Kosten zu sprechen kam, meinte meine Frau, daß ich auch noch eine Familie zu ernähren hätte. Um die Kosten zu reduzieren, wurden in den ehemaligen Ostblock Kontakte gesponnen. Erstklassige Adressen wurden überprüft. Aber dazu später noch mehr.

Der Porsche wurde nun gestrippt, was anfangs viel Spaß machte. Aber das Elend nahm immer mehr Gestalt an. So wurde unter den Seitenteilen Unmengen einer Frauenzeitschrift, verstärkt mit Glasfasermatten, gefunden. Und das alles nur, um die Farbe zusammenzuhalten. Nach dieser Ernüchterung wurde die Karosse erstmal geparkt, um das weitere Vorgehen zu planen.


911S


So, der Plan war einfach - man nehme den Porsche, fahre ihn zum Sandstrahlen und dann ab nach Tschechien. Dort einen sehr guten Restaurateur aufgetan, der in den nächsten 6 Monaten den Porsche wieder auf Vordermann bringen sollte. Aber bitte mit so vielen Neuteilen wie möglich.

War das erste Gespräch noch mit dem "großen" Chef abgelaufen (ein sehr sympathischer, älterer Mann mit sehr viel Fachwissen und Spezialist für BMW - arbeitet u.A. fürs Werksmuseum in München), so wurde ich beim 2ten Besuch nur noch vom "kleinen" Chef empfangen.

Das Elend nahm seinen Lauf !

Gedacht war - Karosse machen lassen. Motor, Getriebe usw. alles Zuhause und dann schnell wieder zusammenbauen - denkste !

Also, zuerst Sandstrahlen und dann "schau ma amoi!"



So, das war der Rest - viel Löcher mit wenig Blech.

Mein Geschäftskollege aus Tschechien hatte schon einen Wunschzettel parat und so wurde einkaufen gegangen. Leider mußte mein wunderschöner Laurin/Klement BJ 27 dran glauben, damit der Kassenstand ausgeglichen blieb. Mit allen Teilen bepackt, reiste ich nach Tschechien. Vor weiteren Aktionen sollte mir mein Geschäftskollege zuerst einen Kostenvoranschlag erstellen. Dieser folgte auch auf dem Fuße. Der Porsche wurde in der Tschechei ohne mein Wissen in die nächste Werkstatt weitergereicht. Das Einzige was ich noch zu hören bekam, war ein Zahlungsplan. Man sollte doch vor Beginn der Arbeiten erstmal € 2000 überweisen. Und dann bitte jedes Monat noch mal soviel, bis nach ca. 6-7 Monaten die Karosse mit Neuteilen wieder aufgebaut sein sollte. Und nicht vergessen, die ersten € 2000 bar, gleich auf die Kralle. Schockiert reiste ich wieder nach Tschechien, hakte dieses Thema ab, um bei einem bekannten Triumph Fahrer eine Adresse in Ungarn aufzutun. (In dieses Land wurde auch der oben erwähnte 911 T verfrachtet!) Aber dazu später wieder mehr.

Der Werkstatt in Ungarn wurde auf Photos mitgeteilt was zu machen sei. Die Werkstatt wurde von mir begutachtet und ich dachte - "das is es!". Feinste Blecharbeiten an sämtlichen Arten von MB, Triumph, Jaguar. Und den Preis werde er mir mitteilen. Naja, warten wir mal ab. Gefragt nach einer Komplettrestaurierung eines Triumphes meinte er ca. 1000 Arbeitsstunden bei € 25 die Stunde, müßte passen. Sollte ja nur die Karosse sein, nicht mehr. Der nächste Kostenvoranschlag aus Ungarn schlug dann dem Faß den Boden aus. € 15.000 für´s Blech zusammenschrauben, nein Danke.

Voller Verdruß sollte nun der letzte Schritt kommen, wir machen das Ding selbst!!!!

Ich besorgte mir eine Richtbank, Porsche drauf und dann Ruck Zuck - denkste.

Am 23.12.2004 sollte die Restauration nun beginnen - in den eigenen Hallen. 10 Finger sind noch daran, das kann man auch selbst. So wurde ich tatkräftig unterstützt von einem Spenglermeister alter Schule und meinem treuen Freund Jürgen, von der Fa. Motorsport Jürgen Lasner aus Ampfing.

Nach Beginn der Arbeiten. Aufspannen der Bodengruppe:



Und so liefen die Arbeiten relativ zügig vom "Band".

Vom alten Porsche war nicht viel übrig geblieben. Ich wollte jedoch auf alle Fälle die Fahrgestellnummer retten. Hier seht ihr das einzig, übrig gebliebene Teil nachdem der Spenglermeister sagte: "Das können wir, glaube ich, noch retten!"



Ich möchte hier nur einmal in Auszügen nennen was für den Porsche alles angeschafft wurde damit eine Karosserierestauration durchgeführt werden konnte:

* Bodenplatte komplett
* Innenschweller mit Motorträger, links rechts
* Mitteltunnel
* Seitenteile hinten, links, rechts
* Kotflügel hinten, links, rechts
* Heckabschlussblech mit Motorträger
* Frontblech
* Tankauflage mit allen Verstärkungen
* Beide Außenschweller
* Wagenheberaufnahmen
* Sitzwanne
* Stehblech vorne
* Achsrohr hinten, (selbst gefertigt)
* Türhaut, rechts, links
* Heizungsrohre in den Schwellern (selbst gefertigt)


Einzig übrig geblieben vom "alten Auto":
* Frontpartie, siehe Foto
* Motorhaube
* Kofferraumhaube
* Kotflügel vorne, links rechts
* Targabügel

Bezahlt habe ich für die Neuteile ca. € 15-20T. Dabei hab ich teilweise Porscheoriginalteile gekauft und einiges über ebay ersteigert z.b. Innenschweller aus USA/Florida besorgt und selbst abgeholt. Zur Paßgenauigkeit der Teile gibt's nicht viel zu sagen, da eh alles neu angepaßt werden mußte - war ja nicht mehr viel übrig.


So wurde mit vereinten Kräften eine Restauration begonnen, die am 6.1.2005 erstamls wieder ihrem Ende entgegensah. Die Karosserieteile wurden von uns zusammengesetzt und auf der Richtbank verschweißt. Für das komplette zusammensetzen der Karosse wurden 2 Wochen mit 2 Mann und Helfern verbraucht. An Hl. Drei König konnte die Karosse wieder abgenommen werden. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Karosse soweit stabil und verschweißt.

Die Arbeiten ruhten aus geschäftlichen Gründen (Arbeit geht vor) bis in den Oktober 2005 um die ersten Feinarbeiten an der Karosse zu verrichten. So wurden die Türhäute aufgezogen und die Stehbleche eingearbeitet. Die Karosse ist in der Zwischenzeit zu 80% fertig geschweißt und gerichtet.



Naja, Hl. Drei König kommt ja wieder, nur ein Jahr später halt. Aber es macht ja unsäglich viel Spaß an so einer alten Möhre zu arbeiten, man sieht´s am Personal.



Ach ja, was ich noch sagen wollte:
Der andere Porsche wurde dieses Jahr im Sommer aus Ungarn zurückgeholt. Neu lackiert, blutorange, mit S-Motor wurde dieser schnellstmöglich an den Mann/Frau gebracht. Die Verarbeitung war nicht unbedingt das was man sich vorstellte. Aber Lack war drauf, die groben Löcher gestopft. Von einer Dokumentation war nichts zu sehen. Was gemacht wurde, konnte man nicht genau sagen, aber "günstig war´s", das weiß ich. Ich wollte diesen Porsche mit Sicherheit nicht haben, so lautet mein Motto:

"Gut Ding will Weile haben"
Soll er noch 2 Jahre stehen, es soll auch kein Problem sein. Aber wenn er einmal fertig ist, ja dannnnnnnnnnnn!!!!

So, ich hoffe die erste Reihe der Berichterstattung ist jetzt fertig. Wenn es was Neues gibt, melde ich mich wieder. Im Winter soll der Targabügel drauf, Spaltmaße korrigiert werden und dann irgendwann zum Lackierer - blutorange natürlich.



Fortsetzung Juni 2007 ...


Im Winter war ich nicht untätig. Sowohl an der Karosserie, als auch am Motor wurden Fortschritte gemacht. Aber seht selbst ...


Erstmal zur Karosse ...


Nach Fertigstellung der Rohkarosse wurde diese einem Spenglermeister überlassen. Dieser kümmerte sich um die Spaltmße, ungeraden Teile die alle mit Zinn ausgeglichen wurden. Die Karosse wurde ohne zeitlichen Druck aufgebaut. Dementsprechend waren dann auch die Kosten sehr positiv. Es wurde die Karosse danach wieder zum Sandstrahler verfrachtet der auch Spritzverzinkungen durchführt. Dabei wurde die Karosse an den wichtigsten Stellen wie Innenkotflügel hinten und vorne, Achsaufnahme, Tankauflage usw. verzinkt.



Grundiert mit Epoxy und nun wartend auf einen Lackierer. Aus Kostengründen wurden mehrere Möglichkeiten sondiert. Und das Ergebniss, man bleibt im Lande!


Die Karosse wurde wie oben berichtet beim Lackierer abgeliefert. Farbe natürlich: Blutorange! Das von uns aufgetragene Epoxy war unserem Lackierer jedoch nicht gut genug. Aus diesem Grunde wurde die Karosse nochmals bis zum Blech abgeschliffen. Ich verlies mich auf die Aussagen des Spezialisten und der führte nachfolgende Arbeiten aus:
* Auftragen einer speziellen Antirostgundierung (Bitte nicht fragen, ich weiß nicht was die dran geschmiert haben)
* Unterboden und "Problemzonen" mit Unterbodenschutz behandelt
* Verschließen aller Fugen und Hohlräume
* Innenlackierung schwarz und orange



Zurück vom Lackierer bot sich ein wunderschönes Bild. Die Innenflächen alle lackiert, Armaturenbrett schwarz, herrlich!!



Und weiter zum Motor ...


Da man ja selbst ziemlich untätig in der Gegend rumsaß, begann ich den Motor zu machen. Was wurde alles getan um dieses alte Stück wieder auf Vordermann zu bringen:
* Motor komplett zerlegt und mit Glasperlen gestrahlt
* Neue Kurbelwellenlager
* Neue Ölpumpe
* Zylinderköpfe überholt
* Zylinder und Kolben revidiert, neue Kolbenringe
* Steuerketten und Kettenspanner erneuert
* Kosten? Sehr teuer, Porsche halt!


Die Vergaser wurden auch einer Überhohlung unterzogen. Dabei wurden auch diese Glasperlgestrahlt. Die Vergaser wurden neu bedüst und mit neuen Klappen und Wellen ausgestattet. Alle Muttern wurden gelbverzinkt bzw. sind aus Edelstahl.
Es soll eben ein Schmuckstück werden.

Nach der Fertigstellung kommt er auf den Prüfstand. Leistung entscheidet :-))



Zwischenzeitlich befindet sich die Karosse so wie sie auf den Bildern zu sehen ist bei mir in der Werkstatt. Die nächste Aufgaben werden einige Arbeiten sein die die Karosse rollfähig machen. Vorderachse, Hinterachse, Tank, Motor, Getriebe usw. Wir wollen darauf achten, daß die instabile Targa Karosserie ihre Kilos bekommt und dann werden die Türen und Hauben eingesetzt. Wir wollen dabei penibelst auf Spaltmaße achten. Mein Spengler hat sich schon bereit erklärt die Türen und Hauben einzusetzen. Jetzt macht sich die Nähe der Handwerker, die einem helfen bemerkbar!


Als einer der nächsten Aktionen wird der Kabelbaum erneuert.
Das Lüfterad ist gerade beim polieren!


Die Lust etwas zu tun ist auch wieder zurückgekehrt. Ich denke ich werde jetzt wieder in engeren Abständen von Neuerungen erzählen können.



Wer noch Fragen hat, kann mich gerne über elferclassix kontaktieren.


Gruß,
Jürgen

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